Fahne von Kriwoi Rog

 

 

Dieses Buch widme ich der Familie Brosowski. Ich hielt es für eine Ehrenpflicht, wenigstens einen Teil der Dankesschuld der Mansfelder Bergarbeiter, der deutschen Arbeiterklasse, dem Kämpfer Otto Brosowski, dem stillen Heldentum seiner Frau Minna und seinen Söhnen gegenüber abtragen zu helfen.

Kind eines Mansfelder Bergarbeiters, fuhr Otto Brosowski, vierzehn Jahre alt, auf dem Glückhilfschacht ein und wurde Treckejunge. Der Vitzthumschacht, der Paulschacht und der Krieg, die ihm Gesundheit und Arbeitskraft nahmen, waren die Stationen seines Bergarbeiterlebens. 

Ais ich ihm und seine Familie vor mehr als vierzig Jahren kennenlernte, war er schon der mutige und bewußte Arbeiterfunktionär, mit dem auch über Jahrzehnte gemeinsam einen geraden Weg ging. In ihm und seiner Familie verkörpern sich die in Jahrhunderten gewachsenen Traditionen des Mansfelder Bergproletariats, eines kühnen und entschlossenen Menschenschlages, der, im Boden seiner Heimat verwurzelt, voll revolutionärer Tatkraft tausend heroische Kämpfe und Niederlagen erlebte, um in unserer Zeit zu siegen. 

 
Wie Otto Brosowskis Vater und er selbst, wurden auch seine Söhne Bergarbeiter. Ihr Lebenslauf ist der ihrer Vorfahren. Mutter Brosowski gab ihre Fürsorge in der Familie allen. Sie ist eine jener mütterlichen Bergarbeiterfrauen, die Leid und Sorgen standhaft ertrugen, ihren Männern während aller Kämpfe fest zur Seite standen und über sich hinauswuchsen. 
 
 
 
Am 30. Januar 1947 schloß Otto Brosowski die Augen für immer. Ein heißes Kämpferherz hörte auf zu schlagen.
 
Wenige Tage vor seinem Tod noch schreibt er: 
"... Ich übergebe den Bergarbeitern unseres Schachtes noch die Fahne von Kriwoi Rog ... Wir schreiben das Jahr 1947, im Januar, und ich merke, es geht zu Ende. Es lebe der Arbeiter-und Bauern-Staat!"
 
Die Mansfelder Bergarbeiter gaben dem Schacht, dem er seine Arbeitskraft hingeben mußte, seinen Namen. Auf dem Förderturm des Otto-Brosowski-Schachtes weht heute die rote Fahne. 
 
Am 21. April 1954, dem 25. Jahrestag der Übergabe der Fahne von Kriwoi Rog, wurde Minna Brosowski mit der Klara-Zetkin-Medaille ausgezeichnet. Mit Stolz trug die nunmehr dreiundachtzigjährige weißhaarige Frau ihre Auszeichnung. Und am vierzigsten Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution fuhr ihr Sohn Otto, nun 53 Jahre altgeworden, nach Kriwoi Rog. Jene Kriwoi-Roger Bergarbeiterfrauen, die damals die kühnen Worte: "Für den Weltoktober!" in die Fahne stickten, umarmten den Mansfelder Bergarbeiter, der diese Fahne hütete. 
 
Das wurde zum Höhepunkt im Dasein der Brosowskis. Verneigen wir uns vor dem Heldentum dieser Proletarierfamilie. 

 

Aus dem gleichnamigen Buch von Otto Gotsche "Die Fahne von Kriwoi Rog" 
Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1960
 
 
                           Denkmal "Die Fahne von Kriwoi Rog" in Sangerhausen, Am Bergmann